Dilemma zwischen Erfolgsdruck und Individualisierung
Bevor im Profibereich also gut ausgebildete Spieler und Gewinnertypen eingesetzt werden können, bedarf es einer adäquaten Ausbildung von Kindern und Jugendlichen. Hier spielen die Trainer eine entscheidende Rolle.
Auf der einen Seite stehen dabei die Trainer in den NLZ, die sich selbst weiterentwickeln und Erfolg haben wollen.
Häufig besteht dabei die einzige Chance für sie, über errungene Siege und einen guten Tabellenplatz auf sich aufmerksam zu machen, sodass ihre getane Arbeit als gut empfunden wird und sie eine Anstellung innerhalb des Vereins bekommen, von der sie auch leben können.
Die Trainer werden gerade in den unteren Jugendmannschaften nicht ausreichend bezahlt, obwohl gerade in diesen Altersbereichen die Ausbildung der Spieler von besonderer Bedeutung ist, Stichwort “Goldenes Lernalter”.
Dieses teilweise extreme Erfolgsdenken geht dabei zu Lasten der Talente und der Fokussierung auf den einzelnen Spieler und seine fußballerische Ausbildung.
Es wird bereits im Aufbau- und Grundlagenbereich sehr viel taktisch vorgegeben, sodass die Spieler kaum Möglichkeiten haben sich frei zu entfalten.
Zudem lastet durch diese Denkweise ein großer Druck auf den Kindern und Jugendlichen, die ohnehin ein immenses Pensum zu bewältigen haben, was dazu führen kann, dass sie den Spaß und die Freude am Fußball verlieren und letztendlich aufhören.
Auf der anderen Seite dieses Problems steht die Entwicklung der Spieler. Im Nachwuchsbereich sollte es in erster Linie darum gehen, die jungen Talente auf den Profibereich vorzubereiten.
Der symbolische Werkzeugkasten der Spieler sollte dabei mit diversen Lösungsmöglichkeiten gefüllt werden, sodass sie stets die bestmögliche Alternative auswählen können.
Um dies zu erreichen, ist es allerdings wichtig, den Nachwuchsspielern einen Freiraum für die eigene Entfaltung zu gewähren. Dazu gehört es auch den Spielern Fehler einzugestehen, aus denen sie ihre Erfahrungen sammeln und lernen können.
Dieser Zwiespalt zwischen dem kurzfristigen Erfolg und der individuellen Weiterentwicklung stellt den Fußball vor ein großes Hindernis:
Wie sieht der optimale Weg aus, um junge Talente bestmöglich auf den Profifußball vorzubereiten?
Dieses grundlegende Problem innerhalb der Ausbildung schafft, insbesondere für Diskussionen auf mentaler Ebene, Bedarf.
Sollte Jugendspielern eher der unbedingte Wille zum Siegen eingetrichtert werden oder sollten die jungen Talente behutsam und ohne Druck an den Profibereich herangeführt werden?
„Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass der Stellenwert von Jugendtrainern in Deutschland zu gering ist [...].
Wenn die Entlohnung nicht wirklich stimmt und man wenig Wertschätzung bekommt, beginnt man als Jugendtrainer doch, nach schnellen Aufstiegsmöglichkeiten Ausschau zu halten [...].
Dementsprechend stehen ganz schnell nicht mehr die Talente, die es zu entwickeln gilt, im Vordergrund, sondern die Ergebnisse der Trainer. Denn nur wenn sie durch Ergebnisse und Titel auf sich aufmerksam machen, empfehlen sie sich für höhere Aufgaben.”
- Norbert Elgert
Ganzheitliche Entwicklung
In den Konzepten der meisten NLZ steht die ganzheitliche Entwicklung der Spieler im Vordergrund.
Die Psyche ist neben der Technik, Taktik und Kondition einer der grundlegenden Faktoren im Fußball. Im Gegensatz zu den drei anderen Bereichen erhält die Psyche allerdings in der Trainingsarbeit nur wenig Aufmerksamkeit.
Geht es um die Entwicklung der Spieler und die Vorbereitung dieser auf den Profibereich, müssen jedoch alle Leistungsvoraussetzungen entwickelt werden, dazu gehört auch die Mentalität, ein Unterpunkt der Psyche.
Sport definiert sich sowohl im weiteren als auch im engeren Sinne darüber, dass Individuen oder Mannschaften versuchen unter gleichen Bedingungen ein ungleiches Resultat zu generieren (Krüger et.al.).
Bricht man den Fußball auf seine simpelste Grundlage herunter, dann geht es in erster Linie darum, Tore zu erzielen und keine Gegentore zu kassieren.
Dies impliziert, dass es im Sport immer darum geht zu gewinnen. Entscheidend ist dabei nur, was im Vordergrund steht.
Ist es die persönliche Verwirklichung des Trainers oder ist es die individuelle Entwicklung der Spieler?
Im Fußball geht es neben dem Umgang mit Druck, der Resilienz und seinen Emotionen auch darum, wie ein Spieler im Team agiert und gemeinsame Ziele erreicht werden können. Wie muss der einzelne Spieler dabei auftreten, um mit seiner Mannschaft den größtmöglichen Erfolg zu haben? Dies ist jedoch ein schmaler Grad, bei dem schnell nicht mehr der Spieler und dessen Entwicklung im Vordergrund steht, sondern der reine Erfolgsdruck.
Die Lust auf den Sieg sollte immer größer sein als die Angst vor der Niederlage. Stellt ein Trainer seine eigene Entwicklung und den damit verbundenen Erfolgsdruck in den Mittelpunkt, kann dies dazu führen, dass die Spieler eher Angst davor haben zu verlieren und Fehler zu machen, da sie eine dementsprechende Reaktion ihres Trainers fürchten. Dies hat zur Folge, dass die jungen Talente verhalten auf dem Platz agieren und sich möglichst genau an die Vorgaben des Trainers halten wollen.
“[Among the] top 100 players, physically there is not much difference … It’s a mental ability to handle the pressure, to play well at the right moments.“
- Novak Djoković
(Auszug aus: Afremow, Jim; The Champion's Mind.)