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28/12/2020

|  Daniel Nister & Leon Laudi

spielen UND lernen UM zu gewinnen

Photo by Pietro Pugliese

Höher, schneller, weiter. Die Devise des bezahlten Fußballs ist eindeutig, es geht um Siege, Prestige und vor allem Trophäen. Die Vereine und Verbände stehen unter einem großen Erfolgs- und Leistungsdruck, der durch die Medien, die Fans und die Sponsoren bestärkt wird.


Die Leistung eines Trainers wird dabei maßgeblich durch das Resultat seines Teams am Spieltag bewertet. 

Jedoch zählt bei den diversen Akteuren rund um den Fußball nicht mehr nur das reine Ergebnis, dieses soll auch mit einer möglichst attraktiven Spielweise errungen werden. 


Diese beiden Faktoren in Einklang zu bringen, ist selbst für die besten Fußballlehrer eine äußerst herausfordernde Aufgabe. 


Dabei dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass der Sport ein Spiel ist, wobei es nicht ausschließlich um den wirtschaftlichen Gewinn und Verlust geht, sondern eben auch um das spielerische Gewinnen und Verlieren.


Ferner sind die Trainer zudem stark von den Spielern, die Ihnen zur Verfügung stehen, abhängig. 


Die Zuschauer kommen unter anderem in die Stadien, um kreative, spielintelligente und technisch versierte Fußballer zu sehen, die ihre Gegenspieler scheinbar spielend leicht überwinden können. 


In Deutschland findet man momentan nur eine handvoll Spieler, die im 1-gegen-1 Weltklasseniveau erreichen. 

Mit Leroy Sane, Serge Gnabry und Kai Havertz gibt es aktuell lediglich drei Spieler, die herausstechen und zu dieser Kategorie hinzugezählt werden können.


Unter den wertvollsten U21-Spielern weltweit befinden sich, laut transfermarkt.de, mit Kai Havertz und Florian Wirtz lediglich zwei deutsche Spieler; im Vergleich dazu: 22 Engländer und 23 Franzosen. 

Dilemma zwischen Erfolgsdruck und Individualisierung


Bevor im Profibereich also gut ausgebildete Spieler und Gewinnertypen eingesetzt werden können, bedarf es einer adäquaten Ausbildung von Kindern und Jugendlichen. Hier spielen die Trainer eine entscheidende Rolle. 


Auf der einen Seite stehen dabei die Trainer in den NLZ, die sich selbst weiterentwickeln und Erfolg haben wollen. 

Häufig besteht dabei die einzige Chance für sie, über errungene Siege und einen guten Tabellenplatz auf sich aufmerksam zu machen, sodass ihre getane Arbeit als gut empfunden wird und sie eine Anstellung innerhalb des Vereins bekommen, von der sie auch leben können. 


Die Trainer werden gerade in den unteren Jugendmannschaften nicht ausreichend bezahlt, obwohl gerade in diesen Altersbereichen die Ausbildung der Spieler von besonderer Bedeutung ist, Stichwort “Goldenes Lernalter”.


Dieses teilweise extreme Erfolgsdenken geht dabei zu Lasten der Talente und der Fokussierung auf den einzelnen Spieler und seine fußballerische Ausbildung. 


Es wird bereits im Aufbau- und Grundlagenbereich sehr viel taktisch vorgegeben, sodass die Spieler kaum Möglichkeiten haben sich frei zu entfalten. 


Zudem lastet durch diese Denkweise ein großer Druck auf den Kindern und Jugendlichen, die ohnehin ein immenses Pensum zu bewältigen haben, was dazu führen kann, dass sie den Spaß und die Freude am Fußball verlieren und letztendlich aufhören. 


Auf der anderen Seite dieses Problems steht die Entwicklung der Spieler. Im Nachwuchsbereich sollte es in erster Linie darum gehen, die jungen Talente auf den Profibereich vorzubereiten. 


Der symbolische Werkzeugkasten der Spieler sollte dabei mit diversen Lösungsmöglichkeiten gefüllt werden, sodass sie stets die bestmögliche Alternative auswählen können. 


Um dies zu erreichen, ist es allerdings wichtig, den Nachwuchsspielern einen Freiraum für die eigene Entfaltung zu gewähren. Dazu gehört es auch den Spielern Fehler einzugestehen, aus denen sie ihre Erfahrungen sammeln und lernen können. 


Dieser Zwiespalt zwischen dem kurzfristigen Erfolg und der individuellen Weiterentwicklung stellt den Fußball vor ein großes Hindernis:

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Wie sieht der optimale Weg aus, um junge Talente bestmöglich auf den Profifußball vorzubereiten? 


Ist es sinnvoll dem Jugendfußball, mit dem Wegfall von Tabellen und Ergebnissen, eine elementare Grundlage des Sports zu nehmen? 


Dieses grundlegende Problem innerhalb der Ausbildung schafft, insbesondere für Diskussionen auf mentaler Ebene, Bedarf. 


Sollte Jugendspielern eher der unbedingte Wille zum Siegen eingetrichtert werden oder sollten die jungen Talente behutsam und ohne Druck an den Profibereich herangeführt werden? 

„Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass der Stellenwert von Jugendtrainern in Deutschland zu gering ist [...]. 

Wenn die Entlohnung nicht wirklich stimmt und man wenig Wertschätzung bekommt, beginnt man als Jugendtrainer doch, nach schnellen Aufstiegsmöglichkeiten Ausschau zu halten [...]. 

Dementsprechend stehen ganz schnell nicht mehr die Talente, die es zu entwickeln gilt, im Vordergrund, sondern die Ergebnisse der Trainer. Denn nur wenn sie durch Ergebnisse und Titel auf sich aufmerksam machen, empfehlen sie sich für höhere Aufgaben.”
- Norbert Elgert

Leon Laudi

Photo by Pietro Pugliese

Ganzheitliche Entwicklung

In den Konzepten der meisten NLZ steht die ganzheitliche Entwicklung der Spieler im Vordergrund. 


Die Psyche ist neben der Technik, Taktik und Kondition einer der grundlegenden Faktoren im Fußball. Im Gegensatz zu den drei anderen Bereichen erhält die Psyche allerdings in der Trainingsarbeit nur wenig Aufmerksamkeit.


Geht es um die Entwicklung der Spieler und die Vorbereitung dieser auf den Profibereich, müssen jedoch alle Leistungsvoraussetzungen entwickelt werden, dazu gehört auch die Mentalität, ein Unterpunkt der Psyche.  


Sport definiert sich sowohl im weiteren als auch im engeren Sinne darüber, dass Individuen oder Mannschaften versuchen unter gleichen Bedingungen ein ungleiches Resultat zu generieren (Krüger et.al.). 


Bricht man den Fußball auf seine simpelste Grundlage herunter, dann geht es in erster Linie darum, Tore zu erzielen und keine Gegentore zu kassieren. 

Dies impliziert, dass es im Sport immer darum geht zu gewinnen. Entscheidend ist dabei nur, was im Vordergrund steht. 


Ist es die persönliche Verwirklichung des Trainers oder ist es die individuelle Entwicklung der Spieler?


Im Fußball geht es neben dem Umgang mit Druck, der Resilienz und seinen Emotionen auch darum, wie ein Spieler im Team agiert und gemeinsame Ziele erreicht werden können. Wie muss der einzelne Spieler dabei auftreten, um mit seiner Mannschaft den größtmöglichen Erfolg zu haben? Dies ist jedoch ein schmaler Grad, bei dem schnell nicht mehr der Spieler und dessen Entwicklung im Vordergrund steht, sondern der reine Erfolgsdruck. 


Die Lust auf den Sieg sollte immer größer sein als die Angst vor der Niederlage. Stellt ein Trainer seine eigene Entwicklung und den damit verbundenen Erfolgsdruck in den Mittelpunkt, kann dies dazu führen, dass die Spieler eher Angst davor haben zu verlieren und Fehler zu machen, da sie eine dementsprechende Reaktion ihres Trainers fürchten. Dies hat zur Folge, dass die jungen Talente verhalten auf dem Platz agieren und sich möglichst genau an die Vorgaben des Trainers halten wollen. 

“[Among the] top 100 players, physically there is not much difference … It’s a mental ability to handle the pressure, to play well at the right moments.“
- Novak Djoković

(Auszug aus: Afremow, Jim; The Champion's Mind.)

Mentalität trainieren

Um ganzheitlich auszubilden, sollte darauf Wert gelegt werden, neben den körperlichen Attributen auch die mentalen und kognitiven Eigenschaften der Spieler zu fördern und zu fordern.


Hierbei ist insbesondere das Coaching des Trainers ein entscheidender Faktor, inwiefern die jungen Talente ihre Kreativität und Spielintelligenz ausleben und weiterentwickeln können. 


Wird während des Trainings und Spiels zu viel vom Trainer vorgegeben bzw. korrigiert, leiden darunter die mentalen Fähigkeiten der Spieler, da so keine eigenen Lösungsansätze gefunden und erprobt werden können.  


Daraus folgt ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Nebeneffekt: 


Die Spieler lernen weder Eigenverantwortung noch Verantwortung für das Kollektiv zu übernehmen. Es ist für die jungen Talente somit schwer, sich auf das Wesentliche zu fokussieren und Widerstände zu überwinden. 


Die ehemalige US-amerikanische Nationalspielerin Mia Hamm beschreibt hier eindrucksvoll, dass es auch genau darum geht, dies in jungen Jahren zu lernen und Erfahrungen zu machen. 


Davon profitieren letztendlich die Spieler selbst und insbesondere die Trainer im Profibereich, da sie so auf Spieler zurückgreifen können, die einerseits mental stark sind und andererseits eigene Entscheidungen treffen können.

„When eleven players want to knock you down, when you’re tired or injured, when the referees are against you, you can’t let any of it affect your focus. How do you do that? You have to learn how!” 
- Mia Hamm

(Auszug aus: Dweck, Carol; Mindset - The new Psychology of Success)

Entwicklung der Spielidee 

Die Spielidee des Vereins und / oder Trainers ist ein wichtiger Kompass für die Ausbildung verschiedener Spielertypen.


Jedoch ist es für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen sicherlich langfristig gesehen kontraproduktiv, wenn der Trainer um jeden Preis gewinnen möchte. 


Häufig wird in diesem Zuge eine destruktive Spielweise gewählt, bei der insbesondere akzelerierte Spieler bevorzugt werden. 

Nicht selten wird dabei mit hohen und langen Bällen agiert, um möglichst kein Gegentor zu kassieren, während man vorne auf Glück hofft, ein Tor zu erzielen und das Spiel zu gewinnen. 


Bei dieser Art von Spielweise hält sich die Freude und der Spaß der Spieler sicherlich in Grenzen. Dabei sind diese beiden wichtige Faktoren für intrinsische Motivation und können einen richtigen Schub für die Entwicklung und das Lernen geben. 


Spielfreude und Leidenschaft sind wichtige Grundelemente, die als allererstes vom Trainerteam vorgelebt werden sollten. Dabei geht es nicht darum, kurzfristige Ziele durch besondere Taktiken und Aufstellungen zu erreichen und um jeden Preis zu gewinnen. Dennoch:


Schon als kleiner junge auf dem Bolzplatz, in der Turnhalle oder auf dem Pausenhof: 

Egal wo, es ging immer darum zu gewinnen. Ob um ein Getränk oder um den Platzanspruch? Ob gegen Ältere oder Kinder aus dem Nachbarort, das gewinnen wollen wurde gelebt.


Neben der Widerstandsfähigkeit, der Siegermentalität und der Kreativität wurde dabei auch gleichzeitig geschult, wie verliere ich anständig und verlasse den Platz für andere Kinder, um morgen wieder anzutreten und es besser zu machen. Ganz nach dem Motto: 

“Die Vermittlung einer Spielidee muss dabei mit dem Gewinnen wollen unter Wettkampfbedingungen verknüpft werden.” 

- Karsten Schumann

(Auszug aus: Fussballtrainer-Magazin(11); Zur Persönlichkeit von Fußballtrainern)

“Voller Einsatz und volle Vorbereitung,
plus jeden Tag versuchen besser zu werden.”
- John Wooden

Photo by Ayelt van Veen on Unsplash

Des Trainers Coaching

Bei der Vorbereitung einer Leistung und der Spielerentwicklung spielt der Trainer eine wichtige, wenn nicht sogar die bedeutendste Rolle. 


Um die jungen Talente bestmöglichst zu entwickeln, sind alters- und entwicklungsgerechte Spiel- und Übungsformen unerlässlich. 


Es ist dabei von Nöten, Rahmenbedingungen zu schaffen, in dem sich das Potenzial aller Spieler entfalten kann. Der Trainer im Ausbildungsbereich arbeitet also entwicklungsorientiert.


Zusätzlich ist der Trainer für die Spieler, insbesondere in den jüngeren Jahren, eine Bezugsperson und nimmt in entsprechender Weise auch eine Vorbildfunktion ein. Hierdurch kann er mit seinem Handeln in eine bestimmte Richtung lenken, bewusst oder unbewusst. 


Wertschätzende Grundhaltung, ein ehrliches und konstruktives Feedback sind dabei wichtige Elemente für die persönliche Weiterentwicklung der Spieler. Auch und gerade in Bezug auf die Entwicklung einer Siegermentalität.  


Bestenfalls kann er dabei verschiedene Rollen und Funktionen einnehmen. 

Wie schon erläutert, kann zu viel Coaching des Trainers kontraproduktiv sein. 


Michael Micic stellt in seinem Beitrag ein ganzheitliches Leadership vor. Dabei geht es um drei Handlungsspielräume für den Trainer. Das Motivieren, das Coachen und das Guiden. Dabei geht es um den optimal Einsatz dieser Möglichkeiten, um situationsangemessen zu agieren. 


Beim Motivieren geht es um “Anregungen, Beistand und Motivation – sowohl als Ganzes als auch individuell für die einzelnen Teammitglieder”. Ein gemeinsames Ziel verfolgen und dabei gemeinsame Werte leben und beachten.

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Das Coachen, meint nach Micic unter anderem, Hilfestellungen und Begleitung anzubieten. Diese helfen den Spielern und dem Team, so dass diese Ihr Potenzial aktivieren können und selbstständige Lösungen erarbeiten.


Schließlich kommt noch das Guiding hinzu, bei dem der Trainer kurze, prägnante und präzise Anweisungen und oder Rückmeldungen an die Spieler gibt.

Daniel Nister holdinig a Training Session in Mexico, Puebla

© Privatarchiv

Das gewinnende Talent:

Um Top Spieler auszubilden, ist dabei sicherlich der Fokus auf den einzelnen Spieler zu legen. Denn der Spieler und dessen individuelle Entwicklung ist das wichtigste! 


Sie müssen in allen Bereichen eine umfangreiche Ausbildung erhalten, sodass sie bestmöglich auf den Profibereich vorbereitet werden. Es kommt nur ein sehr geringer Prozentsatz der Kinder- und Jugendlichen im bezahlten Fußball an.


Diejenigen die es schaffen, brauchen neben den fußballerischen Fähigkeiten auch gerade die Mentalität. Wir brauchen gut ausgebildete Gewinnertypen und dafür ist es ebenfalls wichtig, bereits in jungen Jahren die Grundlagen zu legen und diese weitestmöglichst zu entwickeln. 


Jeder einzelne Jugendtrainer trägt hierzu maßgeblich bei. Daher sollte ihnen mehr Wertschätzung entgegengebracht werden und eine Möglichkeit geschaffen werden, langfristig in diesen Bereichen arbeiten und sich darauf spezialisieren zu können. 


Dazu gehört es auch, die Trainer angemessen zu entlohnen, Fortbildungen zu ermöglichen und deren Erfahrungen und Ideen in die Ausbildung mit einfließen zu lassen. 


Nicht ohne Grund legte Alex Ferguson bei Manchester United viel Wert bei allem Talent auf eine gewisse Siegermentalität: 

„His talent strategy was focused on the recruitment and development of world-class young players who understood that the winning mindset was an essential part of being at Manchester United.“
- Alex Ferguson

(Auszug aus: Afremow, J; Winners)

Quellen: 

  • Afremow, J. (2013). The Champion's Mind: How Great Athletes Think, Train, and Thrive. Rodale Books, iBooks. 
  • Campbell, A. (2013). Winners. Pegasus Books, London.
  • Dweck, C. (2016). Mindset - The new Psychology of Success. Ballantine Books; New York
  • Elgert, N. (2019). Gib alles - nur nie auf!: Die Erfolgsstrategien vom Trainer der Weltstars. Ariston Verlag, München. 
  • Krüger, M., Emrich, E., Meier, H. & Daumann, F. (2013). Bewegung, Spiel und Sport in Kultur und Gesellschaft - Sozialwissenschaften des Sports. In Güllich, A. & Krüger, M. (Hrsg.) Sport. Springer Verlag, Berlin. 
  • Micic, M. (2020). Ganzheitliches Leadership - Motivating, Coaching, Guiding. BDFL-Journal. (60), S.72-73. 
  • Nister, D. (2018). Potenziale schlummern überall. Fussballtraining. 36 (03), S. 14 - 21. Philippka Verlag, Münster. 
  • Nister, D. & VfL Wolfsburg-Fußball GmbH (2018). Trainingsbuch - Ideen für die professionelle Trainingsgestaltung im Nachwuchsfussball. MediaWorld GmbH, Braunschweig. 
  • Nister, D. & Leposavić, N. (2020). Auf den Spuren von Luka Jović und Co. - So werden die Nachwuchstalente in Serbien entdeckt und gefördert. Fussballtraining. 38 (8), S. 6 - 13. Philippka Verlag, Münster. 
  • Schumann, K. (2019). Exkurs: Top Performer im Spitzensport erkennen am Beispiel des FC Bayern München. In: Prieß, A. Die besten Gewinnen. Haufe, Freiburg.
  • Schumann, K. (2020). Zur Persönlichkeit von Fußballtrainern. Fußballtrainer-Magazin. (11). Aachen: Meyer & Meyer Verlag

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